Funktionsverbgefüge werden besonders in den Fach- und Wissenschaftssprachen, in der Nachrichtensprache und Verwaltungssprache verwendet. Sie wirken offizieller und distanzierter als die Verwendung der entsprechenden Vollverben.
einem Funktionsverb (FV) und zumeist einem deverbalem Nomen actionis (einem aus einem Verb abgeleiteten Substantiv Abschluss ← abschließen)
eine Frage stellen
bzw. einem Funktionsverb und einer Präpositionalphrase (PP).
zur Diskussion stellen
Die Bedeutung des Funktionsverbs ist dabei so weit verloren gegangen, dass es nur noch eine syntaktische Funktion hat. Das FVG und Basisverb sind semantisch eng verwandt. Häufig kann das Vollverb das entsprechende FVG ersetzen.
Dabei ist zu beachten, dass eine relativ große Menge der FVG keine Entsprechung in einem Vollverb hat.
In Bezug auf die syntaktischen Eigenschaften können die Funktionsverbgefüge zunächst in zwei Hauptgruppen unterteilt werden.
1.Gruppe:
Funktionsverb + Nominalphrase
2.Gruppe:
Funktionsverb + Präpositionalphrase
Die zwei Hauptgruppen der FVG lassen sich weiter nach der Verwendung des Artikels in Untergruppen unterscheiden.
Anerkennung finden
den Mut finden
Bei den Funktionsverbgefügen, die aus FV + PP
bestehen, ist die Artikelverwendung
ebenfalls
unterschiedlich.
Der weitaus größte Teil der Substantive in FVG
sind Abstrakta. Diese können, auch
außerhalb der FVG, mit und ohne Artikel stehen.
in Abhängigkeit geraten
zur Sprache bringen
Auch hier wird der Definitartikel oder Nullartikel
verwendet. Entweder taucht der Artikel
nicht auf (z.B. in Erfahrung bringen) oder er
ist mit der Präposition
verschmolzen
(z.B. zur Sprache bringen).
Die
Grammatiken gehen von diesem prototypischen
Fall
aus, die Verwendung von Indefinitartikeln ist im Sprachgebrauch jedoch
etabliert.
Im Falle des FVG, das aus einem FV und einer PP besteht, ist die Präposition semantisch und syntaktisch eng an das Nomen gebunden und nicht, wie bei Präpositionalobjekten, an das Verb.
Bei den Funktionsverben handelt es sich um Verben, die im Rahmen des FVG ihre ursprüngliche Bedeutung mehr oder weniger verloren haben. Sie können nicht allein das Prädikat ausdrücken sondern nur in Verbindung mit einer Nominal- bzw. Präpositionalphrase.
Unterstützung finden
Die eigentliche Funktion des Funktionsverbs ist semantischer Art, indem es den Vorgang bzw. die Aktionsart genauer bezeichnen kann als das entsprechende Vollverb. (s. III. 1.)
zur Entscheidung bringen kommen stehen
Die häufigsten Verben in den Funktionsverbgefügen sind:
bringen erfahren finden führen geben leisten machen nehmen setzen stehen stellen treffen
Das Funktionsnomen kann aus unterschiedlichen Substantivformen bestehen.
Das häufigste Nomen ist ein deverbales Nomen actionis, d.h. ein Nomen, das aus einem Verb abgeleitet ist und ein Geschehen bezeichnet. Das Nomen steht in der Regel im Singular.
den Entschluss fassen - entschließen
Das Funktionsnomen kann aus einem Nomen bestehen, das aus einem Adjektiv abgeleitet ist.
in Abhängigkeit geraten - abhängig sein
Auch mit einem primären Nomen kann ein Funktionsverbgefüge gebildet werden.
ein Ende finden - beenden
Im Gegensatz zu der relativ begrenzten Zahl von Funktionsverben ist die Menge der Substantive kaum begrenzt.
Die Präpositionen in Funktionsverbgefügen sind ebenso wie
die Funktionsverben begrenzt.
Neben
Präpositionen wie
sind jedoch die weitaus häufigsten Präpositionen in und zu.
Die Präpositionen haben innerhalb eines FVG ihre
ursprüngliche, meist lokale, Bedeutung
verloren. Die Präposition bindet sich im Funktionsverbgefüge nicht wie
üblich an das Verb sondern an das
Nomen
der Präpositionalphrase.
Die Präpositionen in und
zu weisen eine gewisse
Regelhaftigkeit
bzgl. der Verschmelzung mit dem Artikel auf.
Abhängig vom jeweiligen Verb kann in den Dativ oder Akkusativ verlangen.
ins Unrecht setzen
in Gang setzen
in Kenntnis setzen
im Einvernehmen stehen
im Widerspruch stehen
in Verbindung stehen
Das heißt, nur für die Nomen im Neutrum können sowohl Akkusativ als auch Dativ markiert werden. Hier gibt es grundsätzlich eine Verschmelzung von Präposition und Artikel. Für die Dativverben gilt dies für die Maskulina und Neutra. Die femininen Nomen stehen in der Regel ohne Artikel, so dass der Kasus nicht erkennbar ist.
Die Präposition zu verlangt stets den Dativ und lässt sich mit den Artikeln aller drei Genera verschmelzen.
zum Stehen kommen
zum Ausdruck kommen
zur Aufführung kommen
Es gibt wenige Ausnahmen wie bspw. zu Hilfe kommen. Bei diesen Ausnahmen handelt es sich in der Regel um volllexikalisierte Formen, d.h. um eine festgelegte Worteinheit im Wortschatz. Dies wird auch an der früheren Schreibweise zuhilfe kommen deutlich.
Die Verwendung adjektivischer Attribute ist eingeschränkt. Grundsätzlich kann gesagt werden, je weiter die Nominalphrase bzw. Präpositionalphrase lexikalisiert ist, desto begrenzter ist die Verwendung eines adjektivischen Attributs.
in helle Aufregung geraten (in große Aufregung geraten)
Aber
nicht:∗ zur schnellen Sprache bringen
Eine weitere syntaktische Besonderheit ist die Negation. Die Präpositionalphrase in dem Funktionsverbgefüge wird nicht mit kein sondern mit nicht negiert.
Er brachte seine Zweifel nicht zum Ausdruck.
Für die Nominalphrasen ist die Negation häufig mit nicht und kein möglich.
Die Nominalphrasen bzw. die Präpositionalphrasen in einem Funktionsverbgefüge können nicht durch Pronomen ersetzt werden.
Beide Parteien treffen eine Vereinbarung.
Aber nicht:∗ Beide Parteien treffen sie.
Er brachte seine Zweifel zum Ausdruck.
Aber nicht:∗ Er brachte seine Zweifel dazu.
NP wie PP können ebenfalls nicht erfragt werden.
Beide Parteien treffen die Vereinbarung.
Aber nicht:∗ Was treffen beide Parteien?
Er brachte seine Zweifel zum Ausdruck.
Aber nicht:∗ Wohin brachte er seine Zweifel?
Ein wesentliches Merkmal der Funktionsverbgefüge ist die Variierbarkeit der Aktionsarten. Unter Aktionsart des Verbs wird die zeitliche Abstufung (z.B. durativ bzw. inchoativ) oder inhaltliche Differenzierung (aktivische bzw. passivische Bedeutung) des Geschehens verstanden. Hier werden die Aktionsarten für die gängigsten Aktionsarten aufgeführt. Dabei ist zu beachten, dass ein FVG sich in den Aktionsarten auch überschneiden kann.
Ein Vollverb und ein Funktionsverbgefüge können sich durch die Perspektive auf das Geschehen unterscheiden. Das FVG kann die Verlaufsweise bzw. die zeitliche Abstufung des Geschehens näher bestimmen.
Hier werden die für die FVG gängigsten Aktionsarten aufgeführt:
Aktionsart | FVG |
---|---|
durativ: | in Bewegung sein |
inchoativ: | in Bewegung kommen |
kausativ: | in Bewegung bringen |
D.h. mit Funktionsverbgefügen lässt sich die Handlung häufig differenzierter beschreiben als mit dem Vollverb, indem die Dauer (durativ), der Beginn (inchoativ) eines Geschehens bzw. eines Zustands oder auch ein neuer Zustand bzw. ein Bewirken (kausativ) ausgedrückt werden können.
Die Unterscheidung der FVG nach Aktionsarten wird vor allem vom Funktionsverb geleistet. Die folgenden Verben sind die häufigsten für durative FVG und drücken die Dauer eines Geschehens oder eines Zustands aus.
sich befinden sein stehen
sich in Abhängigkeit befinden | ↔ | abhängig sein |
in der Lage sein | ↔ | fähig sein |
zur Verfügung stehen | ↔ | verfügen |
Die Beispiele zeigen, dass sich die FVG und die entsprechenden Vollverben in ihrer Bedeutung im Grunde nicht unterscheiden, d.h. sie sind relativ austauschbar.
Im Gegensatz zu den durativen FVG drücken die
inchoativen FVG den Beginn eines Geschehens
bzw.
dessen Zustandekommen aus.
Die häufigsten Verben in den inchoativen
Funktionsverbgefügen sind:
geraten kommen
in Aufregung geraten | ↔ | aufgeregt sein / werden |
zur Anwendung kommen | ↔ | anwenden |
Die Funktionsverbgefüge mit inchoativer Bedeutung unterscheiden sich semantisch von den Vollverben und sind nicht immer austauschbar.
Die kausativen FVG drücken aus, dass ein Geschehen
bewirkt wird bzw. etwas in einen
anderen
Zustand übergeht. D.h. im Unterschied zu den vorhergehenden Aktionsarten
wird die Handlung hier durch ein
Agens
verursacht.
Die häufigsten Verben in den kausativen FVG sind:
bringen geben nehmen setzen stellen
zur Aufführung bringen∗ | ↔ | aufführen |
in Auftrag geben | ↔ | beauftragen |
in Anspruch nehmen | ↔ | beanspruchen |
in Kenntnis setzen | ↔ | informieren |
Forderungen stellen | ↔ | fordern |
∗ Dieser Sachverhalt kann auch ohne kausatives Element
ausgedrückt werden.
zur Aufführung kommen (wird aufgeführt) Die
Aktionsart ist dann inchoativ.
Die Funktionsverbgefüge können Umschreibungen für das
Passiv darstellen. Auf diese Weise
können sie Passivkonstruktionen ersetzen, die sehr komplex oder
umständlich wirken.
Die häufigsten
Verben
für passivische FVG sind:
bekommen erfahren finden
Die Gegenüberstellung von Funktionsverbgefügen und Vollverben macht deutlich, dass die Funktionsverbgefüge nicht jederzeit durch ein Vollverb ersetzt werden können. Wenn das FVG eine Markierung der Aktionsart hat, also den zeitlichen Verlauf des Geschehens abstuft, d.h. die Dauer oder den Beginn einer Handlung kennzeichnet und das entsprechende Vollverb diese Information nicht liefert, kann das Vollverb ein FVG nur teilweise ersetzen. Der semantische Mehrwert liegt dann im Funktionsverbgefüge.
Auch wenn viele Funktionsverbgefüge durch entsprechende Vollverben zu ersetzen sind, gibt es doch häufig eine Intensivierung bzw. Abschwächung oder Versachlichung der Bedeutung durch das FVG.
Intensivierung durch FVG
die Wahl treffen ↔ wählen
Abschwächung bzw. Versachlichung durch FVG
Kritik üben ↔ kritisieren
Die Funktionsverbgefüge bilden eine Satzklammer.
Die Arbeit kam (SKl) auch außerhalb des Seminars zur Sprache (SKr).
So bildet die Präpositionalphrase die rechte Satzklammer. Für die Mitteilungsperspektive bedeutet dies, dass die bedeutungstragenden Satzglieder am Satzende stehen - also dort, wo die Glieder mit dem wichtigsten Mitteilungsgehalt und der jeweils neuen Information ihren Platz haben. Diese Struktur wird Thema-Rhema-Struktur genannt. Als Thema wird das Bekannte bezeichnet, das für den Leser einen geringen Mitteilungswert hat. Rhema bezeichnet dagegen die neue Information, die den größten Mitteilungswert hat.
Der Student entschied sich gleich nach der Veranstaltung.
→
Der Student traf gleich nach der Veranstaltung seine Entscheidung.
Funktionsverbgefüge und idiomatische Wendungen (Phraseologismen) lassen sich durch verschiedene Kriterien unterscheiden.
zur Diskussion bringen, stehen, stellen
Idiomatische Wendungen haben diese Möglichkeit nicht.