Mit dem Aktiv und Passiv kann ein und derselbe Vorgang aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt werden.
Im Aktivsatz steht das handelnde Subjekt, der Urheber des Sachverhalts, der "Täter" (Agens) im Mittelpunkt, die Darstellung des Ereignisses ist somit agenszentriert.
Die Fachgruppe arbeitet das Gesetz aus
Im Passivsatz befindet sich das handelnde Subjekt, der Urheber des Sachverhalts (Agens) nicht mehr im Mittelpunkt, entfällt häufig sogar. Die Darstellung des Ereignisses ist somit agensabgewandt.
Das Gesetz wird (von der Fachgruppe) ausgearbeitet
Da im Passiv die Handlung oder das Ergebnis einer Handlung im Vordergrund steht und der Handelnde selbst in den Hintergrund tritt, wird das Passiv vor allem für solche Textsorten verwendet, in denen das handelnde Subjekt (Agens) nicht von Bedeutung ist. Die Berichterstattung vermittelt Distanz und den Eindruck größerer Objektivität.
Textsorten, die überwiegend im Passiv verfasst sind:
Um ein Vorgangspassiv zu bilden, muss ein Täter,
Urheber eines Sachverhalts erkennbar
sein.
Bei der Passivtransformation wird das Akkusativobjekt des
Aktivsatzes zum Subjekt des
Passivsatzes.
Das Subjekt (Agens) des Aktivsatzes wird zum Präpositionalobjekt (Agens)
des Passivsatzes.
Alle übrigen Satzglieder werden unverändert im Passivsatz übernommen. Das Subjekt man entfällt im Passivsatz.
Das Akkusativobjekt des Aktivsatzes wird zum Subjekt des Passivsatzes. Das Subjekt des Aktivsatzes (Agens) wird zu einer Präpositionalgruppe, die mit von oder durch angeschlossen wird. Häufig wird es aber auch nicht genannt, dann wenn es
Aktiv | Vorgangspassiv | |
---|---|---|
Präsens | Die Fachgruppe arbeitet das Gesetz aus. | Das Gesetz wird ausgearbeitet. |
Perfekt | Die Fachgruppe hat das Gesetz ausgearbeitet. | Das Gesetz ist ausgearbeitet worden. |
Präteritum | Die Fachgruppe arbeitete das Gesetz aus. | Das Gesetz wurde ausgearbeitet. |
Plusquamperfekt | Die Fachgruppe hatte das Gesetz ausgearbeitet. | Das Gesetz war ausgearbeitet worden. |
Futur I | Die Fachgruppe wird das Gesetz ausarbeiten. | Das Gesetz wird ausgearbeitet werden. |
Futur II | Die Fachgruppe wird das Gesetz ausgearbeitet haben. | Das Gesetz wird ausgearbeitet worden sein. |
Aktiv | Vorgangspassiv | |
---|---|---|
Präsens | Die Fachgruppe kann das Gesetz ausarbeiten. | Das Gesetz kann ausgearbeitet werden. |
Perfekt | Die Fachgruppe hat das Gesetz ausarbeiten können. | Das Gesetz hat ausgearbeitet werden können. |
Präteritum | Die Fachgruppe konnte das Gesetz ausarbeiten. | Das Gesetz konnte ausgearbeitet werden. |
Plusquamperfekt | Die Fachgruppe hatte das Gesetz ausarbeiten können. | Das Gesetz hatte ausgearbeitet werden können. |
Futur I | Die Fachgruppe wird das Gesetz ausarbeiten können. | Das Gesetz wird ausgearbeitet werden können. |
Futur II | Die Fachgruppe wird das Gesetz ausgearbeitet haben können. | Das Gesetz wird ausgearbeitet worden sein können. |
Das Akkusativobjekt des Aktivsatzes wird zum Subjekt des Passivsatzes. Das Modalverb bleibt finites Verb und das Vollverb des Aktivsatzes wird zum Partizip II. Im Nebensatz ist die Verbstellung beim Perfekt und Plusquamperfekt zu beachten:
Aktiv | Vorgangspassiv | |
---|---|---|
Präsens | Die Fachgruppe würde das Gesetz ausarbeiten. | Das Gesetz würde ausgearbeitet. |
Perfekt | Die Fachgruppe hätte das Gesetz ausgearbeitet.* | Das Gesetz wäre ausgearbeitet worden.* |
Präteritum | Die Fachgruppe hätte das Gesetz ausgearbeitet.* | Das Gesetz wäre ausgearbeitet worden.* |
Plusquamperfekt | Die Fachgruppe hätte das Gesetz ausgearbeitet.* | Das Gesetz wäre ausgearbeitet worden.* |
Futur I | Die Fachgruppe würde das Gesetz ausarbeiten. | Das Gesetz würde ausgearbeitet werden. |
Futur II | Die Fachgruppe würde das Gesetz ausgearbeitet haben. | Das Gesetz würde ausgearbeitet worden sein. |
*Beachten Sie, dass Perfekt, Präteritum und Plusquamperfekt im Konjunktiv eine gemeinsame Form besitzen.
Aktiv | Vorgangspassiv | |
---|---|---|
Präsens | Die Fachgruppe arbeite das Gesetz aus. | Das Gesetz werde ausgearbeitet. |
Perfekt | Die Fachgruppe habe das Gesetz ausgearbeitet.* | Das Gesetz sei ausgearbeitet worden.* |
Präteritum | Die Fachgruppe habe das Gesetz ausgearbeitet.* | Das Gesetz sei ausgearbeitet worden.* |
Plusquamperfekt | Die Fachgruppe habe das Gesetz ausgearbeitet.* | Das Gesetz sei ausgearbeitet worden.* |
Futur I | Die Fachgruppe werde das Gesetz ausarbeiten. | Das Gesetz werde ausgearbeitet werden. |
Futur II | Die Fachgruppe werde das Gesetz ausgearbeitet haben. | Das Gesetz werde ausgearbeitet worden sein. |
*Beachten Sie, dass Perfekt, Präteritum und Plusquamperfekt im Konjunktiv eine gemeinsame Form besitzen.
Passivfähigkeit setzt voraus, dass hinter der Handlung, dem Geschehen ein Urheber erkennbar ist.
Nicht alle transitiven Verben mit einem
Akkusativobjekt sind passivfähig.
Demnach
sind
nicht passivfähig:
bekommen, besitzen, erhalten, haben, kennen, wissen, etc.
beinhalten, betragen, enthalten, kosten, wiegen etc.
aufwachen, gehen, laufen, etc.
atmen, blühen, brennen etc.
sich freuen, sich schämen, etc.
(Eine
Ausnahme bilden energische
Aufforderungen
und allg. Feststellungen / Schon vor den Abstimmungen wird sich nicht eindeutig geäußert.)
sich beherrschen, sich interessieren, sich verändern
(wenn anstelle eines
Objekts
ein Reflexivpronomen auftritt, z.B. ich beherrsche mich
- ich werde von mir beherrscht
= unlogisch)
es gibt, es regnet, es schneit, etc.
Zustimmung finden, zum Abschluss kommen
Hat der Aktivsatz kein Akkusativobjekt, kann der Passivsatz kein Subjekt haben, ist also subjektlos.
Wir arbeiten an einem großen Projekt.
An einem großen Projekt wird gearbeitet.
Diese subjektlosen Sätze stehen immer im Singular. Das Vorfeld wird entweder durch ein Satzglied besetzt oder durch es als "stellvertretendes" Subjekt.
Es wird verwendet, wenn:
Oder:
Es als stellvertretendes Subjekt steht nur am Beginn eines Hauptsatzes, nie in Nebensätzen.
Allen ist bekannt, dass schon lange an diesem Projekt gearbeitet wird.
Um eine Häufung von Passivkonstruktionen zu vermeiden und trotzdem eine passivische Sichtweise auszudrücken, können auch Passivumschreibungen gebildet werden. Diese so genannten Passiversatzformen haben eine aktivische Verbform, jedoch eine passivische Bedeutung. Dabei ist das Subjekt des Satzes nicht der Urheber der Handlung oder Agens des Geschehens, sondern Objekt der Handlung.
Passiversatzformen können in zwei Gruppen aufgeteilt werden, die mit Modalfaktor und die ohne Modalfaktor.
Die Konstruktion sein + zu + Infinitiv drückt je nach Kontext eine Möglichkeit (kann), eine Forderung (soll) bzw. Empfehlung (sollte) oder eine Notwendigkeit (muss) aus. Der Handelnde, das Agens wird in der Regel nicht genannt.
* bleiben, stehen, es gibt, gehen + zu + Infinitiv werden relativ selten verwendet.
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Die Reflexivkonstruktion drückt eine Möglichkeit (kann) aus. Bei dieser relativ selten gebrauchten Form des Passiversatzes kann das Subjekt nur eine Sache sein. Der Handelnde, das Agens kann nicht genannt werden.
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Der Artikel ist verständlich.
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Diese Form des Passiversatzes kann nicht von allen Verben gebildet werden
und drückt eine Möglichkeit
(kann) aus.
Der Handelnde, das Agens kann nicht genannt
werden.
Dieser Artikel gehört veröffentlicht.
Diese Passivumschreibungen drücken eine Notwendigkeit (muss) bzw. eine Empfehlung (sollte) aus. Das Subjekt kann nur es bzw. eine Sache sein. Das Agens wird nicht genannt.
Der Artikel lässt sich erklären
Der Artikel kann erklärt werden.
Die Umschreibung mit lassen + Infinitiv drückt eine Möglichkeit (kann) aus. Dass die Handlung, das Geschehen möglich sind, liegt an der Sache und deren Beschaffenheit und nicht am Urheber des Geschehens. Der Handelnde, das Agens kann nicht genannt werden.
Die Dozentin lässt Wörterbücher benutzen.
Die Dozentin erlaubt, dass Wörterbücher benutzt werden.
Im Gegensatz zur Passivumschreibung sich lassen + Infinitiv mit Modalfaktor handelt es sich hier um eine Passivumschreibung, bei der es sich um Personen handelt und der Handelnde genannt werden kann. Diese Form drückt die Bedeutung veranlassen, erlauben aus.
Die Studierenden bekommen den Sachverhalt von der Dozentin erklärt.
Den Studierenden wird der Sachverhalt von der Dozentin erklärt.
Diese Form des Passiversatzes lässt sich nur von Verben bilden, die ein Dativ- und ein Akkusativobjekt haben (jdm. etwas anbieten, schenken etc.). Im Adressatenpassiv wird das Dativobjekt zum Subjekt, während das Akkusativobjekt, die Sache, Akkusativobjekt bleibt. Der Handelnde kann genannt werden.
* kriegen wird umgangssprachlich verwendet. In schriftlichen Texten wird bekommen/erhalten bevorzugt.
Funktionsverbgefüge bestehen aus einem Funktionsverb (ein Verb, das wenig Eigenbedeutung hat) und einem nominalen Bestandteil, beide bilden eine semantische Einheit. Diese Gefüge sind typisch für die Verwaltungs-, Fach- und Nachrichtensprache. Sie können aktivische oder passivische Bedeutung haben.
Die Arbeit findet Anerkennung.
Diese Form der Passivumschreibung ist nur möglich, wenn ein Grundverb zur Verfügung steht, das vom nominalen Teil des Funktionsverbgefüges abgeleitet ist (Anerkennung → anerkennen) . Die Verbalsubstantive können im Präpositionalkasus (in Erfahrung bringen), im Akkusativ (Anerkennung finden) oder seltener im Dativ (einer Kontrolle unterliegen) stehen. Das Agens kann genannt werden.
Das Zustandspassiv wird gebildet mit dem Auxiliarverb sein und dem Partizip II des Vollverbs.
Das Gesetz ist ausgearbeitet.
Das Zustandspassiv unterscheidet sich vom Vorgangspassiv in der Perspektive auf das Gesagte. Beim Vorgangspassiv steht der Vorgang, der noch nicht abgeschlossen ist, im Mittelpunkt, das Geschehen ist somit prozessorientiert (dynamisch). Das Zustandspassiv stellt dagegen einen Zustand dar, der das Resultat eines abgeschlossenen Vorgangs ist (statisch). Somit ist das Aktiv wie auch das Vorgangspassiv im Vergleich zum Zustandspassiv vorzeitig.
Die Fachgruppe arbeitet das Gesetz aus. (Aktiv)
Gemeinsam ist dem Vorgangs- und Zustandspassiv, dass das Subjekt nicht identisch mit dem Agens ist. Beim Zustandspassiv wird das Agens in der Regel nicht genannt.
Vorgangspassiv | Zustandspassiv | |
---|---|---|
Präsens | Das Gesetz wird ausgearbeitet. | Das Gesetz ist ausgearbeitet. |
Perfekt | Das Gesetz ist ausgearbeitet worden. | Das Gesetz ist ausgearbeitet gewesen. |
Präteritum | Das Gesetz wurde ausgearbeitet. | Das Gesetz war ausgearbeitet. |
Plusquamperfekt | Das Gesetz war ausgearbeitet worden. | Das Gesetz war ausgearbeitet gewesen. |
Futur I | Das Gesetz wird ausgearbeitet werden. | Das Gesetz wird ausgearbeitet sein. |
Futur II | Das Gesetz wird ausgearbeitet worden sein. | Das Gesetz wird ausgearbeitet gewesen sein. |
Vorgangspassiv | Zustandspassiv | |
---|---|---|
Präsens | Das Gesetz würde ausgearbeitet. | Das Gesetz wäre ausgearbeitet. |
Perfekt | Das Gesetz wäre ausgearbeitet worden.* | Das Gesetz wäre ausgearbeitet gewesen.* |
Präteritum | Das Gesetz wäre ausgearbeitet worden.* | Das Gesetz wäre ausgearbeitet gewesen.* |
Plusquamperfekt | Das Gesetz wäre ausgearbeitet worden.* | Das Gesetz wäre ausgearbeitet gewesen.* |
Futur I | Das Gesetz würde ausgearbeitet werden. | Das Gesetz würde ausgearbeitet sein. |
Futur II | Das Gesetz würde ausgearbeitet worden sein. | Das Gesetz würde ausgearbeitet gewesen sein. |
* Beachten Sie, dass Perfekt, Präteritum und Plusquamperfekt im Konjunktiv eine gemeinsame Form besitzen.
Vorgangspassiv | Zustandspassiv | |
---|---|---|
Präsens | Das Gesetz werde ausgearbeitet. | Das Gesetz sei ausgearbeitet. |
Perfekt | Das Gesetz sei ausgearbeitet worden. * | Das Gesetz sei ausgearbeitet gewesen.* |
Präteritum | Das Gesetz sei ausgearbeitet worden.* | Das Gesetz sei ausgearbeitet gewesen.* |
Plusquamperfekt | Das Gesetz sei ausgearbeitet worden.* | Das Gesetz sei ausgearbeitet gewesen.* |
Futur I | Das Gesetz werde ausgearbeitet sein. | Das Gesetz werde ausgearbeitet sein. |
Futur II | Das Gesetz werde ausgearbeitet worden sein. | Das Gesetz werde ausgearbeitet gewesen sein. |
* Beachten Sie, dass Perfekt, Präteritum und Plusquamperfekt im Konjunktiv eine gemeinsame Form besitzen.
Man bewundert den Politiker.
Der Politiker wird bewundert.
Aber nicht: ∗Der Politiker ist bewundert.
Die Voraussetzung zur Bildung eines Zustandspassivs liegt in der Bedeutung des Verbs. D.h. es muss sich semantisch um Verben handeln, die einen Übergang von einem Zustand in einen anderen ausdrücken. Indem der Vorgang oder das Geschehen abgeschlossen ist, muss ein neuer, veränderter Zustand von gewisser Dauer entstanden sein.
Das Gesetz wird ausgearbeitet.
Das Gesetz ist ausgearbeitet.
Die Deutschen reisen nach wie vor viel.
Nach wie vor wird viel gereist.
Aber
nicht: ∗Nach wie vor ist viel gereist.
Ausnahmen bilden einige Verben mit einem Dativobjekt, die vereinzelt ein subjektloses Zustandspassiv bilden.
Dem Studenten ist mit der Literaturangabe nicht geholfen.
Das Zustandspassiv wird durch seine Bildung von sein + Partizip II häufig mit dem
Im Gegensatz zu diesen drei Konstruktionen lässt sich das Zustandspassiv immer auf ein Vorgangspassiv im Perfekt oder Präsens bzw. einen entsprechenden Aktivsatz zurückführen.
Das Gesetz ist ausgearbeitet.
(Zustandspassiv) lässt sich
herleiten
aus
← Das Gesetz ist ausgearbeitet worden.
(Vorgangspassiv im Perfekt)
Das Gebiet ist von Nomaden bewohnt.
(gleichzeitig zu)
← Das Gebiet wird von Nomaden bewohnt
(gleichzeitig
zu)
← Nomaden bewohnen das Gebiet.
Das prädikative Satzadjektiv
Der Politiker ist verschlossen
lässt sich nicht zurückführen auf:
*Der Politiker ist verschlossen worden.
*Der
Politiker wird verschlossen.
*Man
verschließt den Politiker.
Das Zustandsreflexiv (echte und unechte Reflexivverben)
Der Politiker ist geeignet
lässt sich nicht zurückführen auf:
*Der Politiker ist geeignet worden.
*Der
Politiker wird geeignet.
*Man eignet
den
Politiker.
Das Perfekt Aktiv
Der Antrag ist eingetroffen
lässt sich nicht zurückführen auf:
*Der Antrag ist eingetroffen worden.
*Der Antrag
wird eingetroffen.
*Man trifft
den
Antrag ein.