Der wesentliche Beitrag des Fernsehens zur Bildungstheorie besteht in dem Gedanken, dass Unterricht und Unterhaltung untrennbar miteinander verbunden sind. Dieser absolut originellen Auffassung begegnet man nirgendwo sonst in pädagogischen Abhandlungen, weder bei Konfuzius noch bei Platon und nicht bei Cicero, Locke oder John Dewey. Sieht man sich die pädagogische Literatur an, so wird man hier und da die Meinung finden, dass Kinder infolge eines Interesses am Lehrstoff den Wunsch entwickeln zu lernen. Man wird auch finden - Platon und Dewey haben es ausdrücklich gesagt - , der Verstand gedeiht unter der Voraussetzung einer gefestigten emotionellen Grundlage am besten. Man wird sogar finden, dass es sich am leichtesten unter einem liebevollen und gütigen Lehrer lernt. Aber noch nie hat jemand behauptet oder angedeutet, dass sinnvolles Lernen wirksam, dauerhaft und wirklich bewerkstelligt werden kann, wenn der Unterricht zur Unterhaltung wird. Bildungstheoretikern zufolge ist die Akkulturation aufgrund der Hinnahme von Einschränkungen ein schwieriger Prozess. Sie haben darauf hingewiesen, dass zum erfolgreichen Lernen eine bestimmte Abfolge von Schritten erforderlich ist. Ebenso gingen sie davon aus, dass während des kindlichen Lernens Ausdauer und ein gewisses Maß an Schweißarbeit unerlässlich sind. Persönliches Vergnügen muss häufig hinter den Interessen des Zusammenhalts der Gruppe zurückstehen und den jungen Menschen fallen Kritikfähigkeit und die Fähigkeit zu logischem, strengem Denken nicht in den Schoß, sondern müssen erarbeitet werden. Das Fernsehen bietet eine wunderbare und, wie gesagt, höchst originelle Alternative zu alledem. Man könnte sagen, dass die vom Fernsehen propagierte Bildungstheorie im Wesentlichen drei Gebote umfasst. Der Einfluss dieser Gebote lässt sich an Fernsehsendungen aller Art beobachten. [...]
1. Du sollst nichts voraussetzen
Jede Fernsehsendung muss eine in sich geschlossene Einheit sein.
Vorwissen darf nicht verlangt werden.
Nichts
darf darauf hinweisen, dass Lernen ein Gebäude ist, das auf einem
Fundament errichtet ist. Dem
Lernenden
muss
jederzeit Zutritt gewährt werden, und das ohne seine eventuelle Benachteiligung.
Deshalb
wird man es nie erleben, dass eine Sendung mit dem Hinweis beginnt, für
diejenigen Zuschauer, die die
früheren Sendungen nicht gesehen haben, sei die nun folgende
sinnlos. Das Fernsehen ist ein
ungestuftes
Curriculum und nie und aus keinem Grund würde es einen Zuschauer
ausschließen. Mit anderen Worten,
durch das Ignorieren der Idee von Folgerichtigkeit und Kontinuität in Bildungsprozessen
untergräbt das Fernsehen die Vorstellung, Folgerichtigkeit und
Kontinuität hätten
irgendetwas mit
dem
Denken zu tun.